1978 in Berlin – Teil 2 – Berlin West
1978 in Berlin – Teil 2 – Berlin West
In Berlin angekommen, half uns der Falk Plan das Hochhaus mit der Arztpraxis am Ku’damm schnell zu finden.
Die Zeit bis zum Ende der Sprechstunde, verbrachte ich mit Blättern im Buch ‚Angst‘, geschrieben vom unserem Arzt.
Angst – das Wort kannten wir damals nicht.
Vielleicht wollte uns unser Arzt dem Thema näher bringen, als wir anschliessend, in seinen Porsche gefaltet, durch die Tiefgarage in einem Affenzahn entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung jagten.
Er wohnte in einem netten Bungalow, direkt an der Havel. Eben Upperclass.
Der Eiserne Vorhang war quasi in seinem Garten – Flussmitte. Lauerte dort drüben wirklich die NVA mit Schußbefehl? Nix zu sehen.
Im Bungalow: Ritchie bei der Planung für die kommenden Tage und Nächte.
Da die Wohnung weitab vom Zentrum lag und Herr Doktor für die nächsten Tage eine Reise geplant hatte, bekamen wir einen Schlüssel ausgehändigt mit einer Adresse in der Turmstrasse – Moabit. Da wäre eine Absteige von Ihm und seinen Kumpels. Diese läge näher zum Zentrum und wäre ideal für uns.
Allerdings sei er schon seit längerem nicht mehr dort gewesen. Es könnte sein, dass nicht aufgeräumt ist….
Geil – eine eigene Bude in Berlin!
Irgendwo hier:
Hinter diesem Fenster sollte es sein ?! Leider passte der Schlüssel nicht.
Jahrzente vor der Verbreitung des Mobiltelefons, waren jetzt Einfälle gefragt.
Hotel/Pension kommt für uns nicht in Frage, das wenige Geld wird für Wichtigeres benötigt.
Idee: Wir machen das Schloss passend. Im Konsumtempel KaDeWe, damals das größte Kaufhaus Europas, soll es Alles geben. Auch eine Feile…
Vorbei an Regalen mit 300 Sorten Honig, fanden wir tatsächlich unsere Feile in der Werkzeug Abteilung.
Zurück in der Turmstrasse – 2ter Hinterhof. Ritchie steht Schmiere und ich feile bis die Funken fliegen und die Öffnung die richtige Passform hat.
Schlüssel passt ! Eintritt frei. Schock garantiert.
Die Wohnung sah aus, als wäre sie noch im 3ten Reich fluchtartig verlassen worden. Auf dem Herd stand eine Pfanne mit ca. 30 cm hohem Schimmelbewuchs. Die Farben der Vorhänge befanden sich ausserhalb des RGB Farbraumes. Egal – hauptsache eine Bude. Wir entschieden uns für das Hundezimmer.
Als erstes ging es ins Olympiastadion:
Der Hauch der Geschichte wehte uns hier um die Ohren. Als würde das Führergebell in den Rängen noch nachhallen.
Die Nacht verbrachten wir dann in der damals angesagtesten Disco: das „Sounds“ . Für uns ein Mekka. Günstiger Eintritt, niedrige Getränkepreise, eine der besten Soundanlagen überhaupt. Die „Troops of Tomorrow“ der Vibrators bliesen uns die Ohren weg. Bauchmassage inklusive. Im Nebenraum eine Teestube zum Unterhalten. An den Tischen 5-pol Buchsen zum Mitschneiden der gespielten Stücke – 40 Jahre vor Spotify und der unendlichen Verfügbarkeit. Wir hatten Eldorado gefunden.
Foto aus dem Internet – bzw. aus dem Stern Buch.
Vor dem Gebäude, die Schattenseiten der Szene. Mercedes-Fahrer bitten 13 jährige Mädels, die sich dort wenig dezent anbieten, einzusteigen. Zum Kotzen.
Heroin ersetzt die Familienwärme. Der Staat ist abwesend.
Die Sonne geht trotzdem wieder auf. Der gute Bürger steht an der Bushaltestelle in Richtung Arbeit. Wir sind auf dem Weg zurück in die Turmstrasse.
Im nächsten und letzten Teil geht es nach Berlin – Ost.
Coming soon.